Gegenfragen, Mitteilungen und Berichten Raum zu lassen. Dann erfuhren wir, daß Friedrich in einem Bauernhause liegen geblieben war, während sein Regiment weiter gezogen. Die Wunde war keine schwere gewesen, dennoch hatte er mehrere Tage bewußtlos im Fieber gelegen. Briefe waren ihm in letzter Zeit keine zugekommen, und es war auch nicht möglich gewesen, solche abzuschicken. Als er genesen, da war der Waffenstillstand bereits erklärt und eigentlich der Krieg zu Ende. Nichts hinderte ihn, nach Hause zu eilen. Jetzt schrieb und telegraphierte er nicht mehr und reiste Tag und Nacht, um so schnell als möglich anzukommen. Ob ich noch am Leben, ob ich außer Gefahr war – das wußte er nicht. Er wollte sich auch gar nicht darum erkundigen – nur hin, nur hin, ohne eine Stunde zu verlieren und ohne seiner Heimfahrt etwa die Hoffnung abzuschneiden, daß er sein Liebstes wiederfindet … Und diese Hoffnung ward nicht getäuscht: jetzt hatte er sein Liebstes wiedergefunden: gerettet und selig – über die Maßen selig …
Bald übersiedelten wir alle nach meines Vaters Landsitz. Friedrich hatte zur Herstellung seiner Gesundheit einen längeren Urlaub erhalten und die ihm vom Arzt verordneten Mittel: Ruhe und gute Luft, konnte er am besten bei uns in Grumitz finden.
Das war ein glücklicher Nachsommer … Ich erinnere mich keines Zeitabschnittes in meinem Leben, der schöner gewesen wäre. Die endliche Vereinigung mit einem lang ersehnten Geliebten mag wohl unendlich sein; aber fast noch süßer will mir die Wiedervereinigung
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/244&oldid=- (Version vom 31.7.2018)