vorüber! Kämen doch unsere Siege in rascher Folge – nicht der Siege, sondern des Endes halber!
Ob Dich diese Zeilen erreichen? Und wo und wie? Ob nach einem heißen Schlachttage, ob im Lager, ob vielleicht im Lazareth … auf jeden Fall thut es Dir wohl, Kunde von Deiner Martha zu erhalten. Wenn ich auch nur Trauriges schreiben kann – was anders als Trauriges kann in einer Zeit empfunden werden, wo die Sonne durch das große schwarze Sargdeckeltuch verfinstert wird, welches „für das Vaterland“ aufgehißt worden, damit es auf die Kinder des Landes herabfalle – dennoch bringen Dir meine Zeilen Labung … denn Du hast mich lieb, Friedrich – ich weiß es, wie lieb, und mein geschriebenes Wort freut und bewegt Dich, wie ein sanftes Streicheln meiner Hand. – – Ich bin bei Dir, Friedrich, wisse das: mit jedem Gedanken, mit jedem Atemzug, bei Tag und Nacht … Hier in meinem Kreise bewege ich mich und handle und spreche mechanisch; mein eigenstes Ich – das ja Dir gehört – das verläßt Dich keinen Augenblick … Nur mein Bub’ erinnert mich, daß die Welt mir doch noch etwas enthält, was nicht „Du“ heißt … Der gute Kleine – wenn Du wüßtest, wie er nach Dir fragt und sorgt! Wir zwei sprechen miteinander eigentlich von gar nichts Anderem, als von „Papa“. Er weiß es wohl, der feinfühlige Knabe, daß dies der Gegenstand ist, von dem mein Herz voll ist, und so klein er ist – Du weißt es ja – ist er schon eine Art Freund seiner Mutter.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/023&oldid=- (Version vom 31.7.2018)