ließen, und der ist jetzt auch fort – selber in den verurteilten Krieg gezogen – aber um Wunden zu heilen, nicht um sie zu schlagen. Eigentlich auch ein Widersinn, die „Humanität“ im Kriege – ein innerer Widerspruch. Das ist ungefähr so, wie die „Aufklärung“ im Glauben. Entweder, oder – aber Menschenliebe und Krieg, Vernunft und Dogma: das geht nicht. Der aufrichtige, lodernde Feindeshaß, gepaart mit gänzlicher Verachtung des menschlichen Lebens – das ist des Krieges Lebensnerv, gerade so wie die fraglose Unterdrückung der Vernunft des Glaubens Grundbedingung ist. Aber wir leben in einer Zeit der Vermittlung. Die alten Institutionen und die neuen Ideen wirken gleich mächtig. Da versuchen denn die Leute, welche mit dem Alten nicht ganz brechen wollen, welche das Neue nicht ganz erfassen können, Beides miteinander zu verschmelzen und daraus entsteht dieses verlogene, unkonsequente, widerspruchskämpfende, halbhafte Getriebe, unter welchem die wahrheits-, gradheits- und ganzheitsdurstenden Seelen so stöhnen und leiden …
Ach, was ich da Alles zusammenschreibe! Du wirst jetzt kaum – wie in unseren friedlichen Plauderstunden – zu solch allgemeinen Betrachtungen aufgelegt sein: Du bist von einer grausigen Wirklichkeit umtost, mit der es sich abfinden heißt. Wie viel besser wäre es da, wenn Du sie hinnehmen könntest mit der naiven Auffassung alter Zeiten, da dem Soldaten das Kriegsleben eitel Lust und Wonne war. Und besser wäre es, ich könnte Dir schreiben,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/026&oldid=- (Version vom 31.7.2018)