Und, im Grunde genommen, ich konnte den Gedanken nicht unterdrücken; was waren sie denn anderes? Wurden sie nicht auch zur „Schlacht“ – wurden sie nicht auf den großen politischen Markt geschleppt, wo mit Kanonenfutter – chair à canon – geschachert wird? Da rollten sie vorbei. Tolles Gebrüll – war es ein Kriegslied? – schallte heraus und übertönte das rasselnde Gepolter der Räder; eine Minute – und der Zug war verschwunden. Mit Windeseile trug er einen Teil seiner Fracht dem sicheren Tode entgegen. Ja – sicherem Tode … Wenn auch kein Einzelner von sich sagen kann, daß er sicher fällt, ein gewisser Prozentsatz von der Gesamtheit muß und wird fallen. Zu Felde ziehende Heere, die sich auf der Heerstraße zu Fuß oder zu Roß fortbewegen: das mag noch eine gewisse antike Poesie an sich haben; aber der moderne Schienenweg, das Symbol der nationenverbindenden Kultur, als Beförderungsmittel der losgelassenen Barbarei: – das ist gar zu widersinnig und abscheulich. Wie falsch klingt da auch das Telegraphengeklingel … dieses herrliche Siegeszeichen des menschlichen Intellekts, der es fertig gebracht hat, den Gedanken mit Blitzesschnelle von einem Land zum andern zu leiten; alle diese neuzeitlichen Erfindungen, welche bestimmt sind, den Verkehr der Völker zu fördern, das Leben zu erleichtern, zu verschönern, zu bereichern: die werden jetzt von jenem altweltlichen Prinzip mißbraucht, welches die Völker entzweien und das Leben vernichten will. „Seht unsere Eisenbahnen, seht unsere Telegraphen – wir
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/074&oldid=- (Version vom 31.7.2018)