„In diesem Fall,“ bemerkte Friedrich, „würde man wohl den Fuß auf ihren Nacken setzen; Bündnisse sucht und schließt man nur mit Jenen, die einem imponieren, oder die gegen einen gemeinschaftlichen Feind Schutz leisten können. In der Staatskunst ist Egoismus das oberste Prinzip.“
„Nun ja,“ gab mein Vater zurück, „wenn das ego „Vaterland“ heißt, so ist solchem Egoismus doch alles Andere unterzuordnen, so ist doch Alles erlaubt und geboten, was dem Interesse dieses Ichs dienlich erscheint.“
„Es ist nur zu wünschen,“ entgegnete Friedrich, „daß im Verkehr der Gemeinwesen dieselbe erhöhte Gesittung erlangt werde, welche im Verkehr der Einzelnen den rohen, faustrechtlichen Ich-Kultus verdrängt hat, und die Einsicht immer mehr Platz greife, daß die eigenen Interessen auch ohne Schädigung der fremden, vielmehr im Verein mit diesen, am wirksamsten zu fördern sind.“
„Was?“ fragte mein Vater, die Hand ans Ohr legend.
Natürlich mochte Friedrich seinen langen Satz nicht wiederholen und erläutern – und die Diskussion war zu Ende.
„Ich komme morgen 1 Uhr nach Grumitz, Konrad.“
Den Jubel kann man sich vorstellen, den diese Depesche bei Lilli hervorrief. So entzückt und freudig
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/128&oldid=- (Version vom 31.7.2018)