ja, welche freiwillig den Jammer in Scene setzen, welche nichts thun wollen, ihn abzuschaffen, welche, im Gegenteil, ihn glorifizieren und mit ihren Goldborten und Sternen den Stolz bekunden, den sie darein setzen, die Träger und Stützen des Jammersystems zu sein! …
Mein Eintritt unterbrach die in den verschiedenen Gruppen geführte Unterhaltung, da mir nun unsere preußischen Gäste sämtlich vorgestellt werden mußten; – zumeist vornehm klingende Namen auf – „ow“ und auf „witz“; viele „von“ und sogar ein Prinz – ein Heinrich, ich weiß nicht der wievielte, aus dem Hause Reuß.
Das also waren unsere Feinde: Vollendete Gentlemen mit den geschliffensten Gesellschaftsformen. Nun freilich: das weiß man ja, wenn heutzutage mit einer benachbarten Nation Krieg geführt wird, so hat man es nicht mit Hunnen und Vandalen zu thun; aber doch: es wäre viel natürlicher, sich den Feind als eine wilde Horde vorzustellen, und es gehört eine gewisse Anstrengung dazu, ihn als ebenbürtigen Kulturbürger aufzufassen. „Gott, der du die Widersacher derer, die dir vertrauen, durch die Kraft deiner Verteidigung zurückwirfst, höre uns, die wir um deine Erbarmnisse flehen, gnädig an, damit wir nach der unterdrückten Wut des Feindes dir in Ewigkeit danken können.“ So hatte allsonntäglich der Grumitzer Pfarrer gebetet. Wie mußte da die Gemeinde sich den „wütenden Feind“ vorstellen? Gewiß nicht so, wie diese höflichen Edelleute, die jetzt den anwesenden Damen den Arm boten,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/141&oldid=- (Version vom 31.7.2018)