um sie zu Tische zu führen … Überdies hatte Gott diesmal das Gebet der Anderen erhört und unsere Wut unterdrückt – der schäumende, mordgierige Feind, der durch die Kraft der göttlichen Verteidigung (wir nannten es zwar Zündnadelgewehr) zurückgeworfen worden, das waren ja wir – O du heiliger Widersinn! … Das waren so ungefähr meine Gedanken, während wir an der mit Blumen und Fruchtschalen reich geschmückten Tafel uns in bunter Reihe niederließen. Auch das Silber war auf des Hausherrn Befehl aus dem Versteck wieder hervor geholt. Ich saß zwischen einem stattlichen Obersten auf – ow und einem schlanken Lieutenant auf – itz. Lilli selbstverständlich an der Seite ihres Bräutigams; Rosa war von dem prinzlichen Heinrich zu Tisch geführt worden, und der bösen Lori war es doch wieder gelungen, meinen Friedrich zum Nachbar zu haben. Nur zu! Eifersüchtig würde ich doch nicht werden: – er war ja „mein“ Friedrich, am meinsten …
Es wurde sehr viel und sehr heiter gesprochen. Die „Preußen“ fühlten sich offenbar höchst vergnügt, nach den durchgemachten Strapazen und Entbehrungen wieder einmal an wohlbesetzter Tafel und in guter Gesellschaft zu festen; und das Bewußtsein, daß der überstandene Feldzug ein siegreicher gewesen, trug jedenfalls dazu bei, ihre Stimmung zu heben. Aber auch wir, die Besiegten, ließen von Groll und Beschämung nichts merken und bemühten uns, die möglichst liebenswürdigen Hauswirte zu spielen. Meinem Vater mußte dies zwar – wie ich seine Gesinnungen kannte –
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/142&oldid=- (Version vom 31.7.2018)