sondern es muß unter Umständen dem Landesherrn frei stehen, dem Gewaltsamen, Ungerechten zuvorzukommen. Dabei befolgt er eben das geschriebene Wort: Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen. Er stellt sich als Gottes Diener und Rächer über den Feind, indem er trachtet, Denjenigen, der gegen ihn das Schwert nimmt, durch das Schwert umkommen zu lassen –“
„Da muß irgendwo ein Trugschluß stecken,“ sagte ich kopfschüttelnd, „diese Gründe können doch unmöglich für beide Parteien gleich rechtfertigend sein –“
„Was ferner den Skrupel betrifft,“ fuhr der Geistliche fort, ohne meine Einrede zu beachten, „daß der Krieg an und für sich Gott mißfällig sei, so fällt dieser bei jedem bibelfesten Christen weg, denn die heilige Schrift zeigt zur Genüge, daß der Herr dem Volke Israel selber befohlen hat, Kriege zu führen, um das gelobte Land zu erobern, und er verlieh seinem Volke Sieg und Segen dazu. 4. Mose 21, 14 ist die Rede von einem eigenen Buche der Kriege Jehovas. Und wie oft wird in den Psalmen die Hülfe gerühmt, die Gott seinem Volke im Kriege angedeihen ließ. Kennen Sie nicht Salomos Spruch (22, 31):
Das Roß steht gerüstet für den Tag der Schlacht,
Aber von dem Herrn kommt der Sieg.
Im 144. Psalm dankt und lobt David den Herrn, seinen Hort, der „seine Hände lehrt streiten und seine Fäuste kriegen.“
„So herrscht denn der Widerspruch zwischen dem alten und dem neuen Testament: der Gott der alten
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/191&oldid=- (Version vom 31.7.2018)