Und wieder nahte meine schwere Stunde.
Aber diesmal wie so anders, als zu jener Zeit, da Friedrich mich verlassen mußte – um des Augustenburgers willen. Diesmal war er an meiner Seite, auf des Gatten richtigem Posten: durch seine Gegenwart, durch seinen Mitschmerz der Gattin Leiden mildernd. Das Gefühl, ihn da zu haben, war mir ein so beruhigendes und glückliches, daß ich darüber das physische Ungemach beinah vergaß.
Ein Mädchen! Das war unseres stillen Wunsches Erfüllung. Die Freuden, die man an einem Sohne hat, die würde uns ja der kleine Rudolf bieten; jetzt konnten wir dazu auch noch diejenigen Freuden erleben, welche so ein aufblühendes Töchterchen seinen Eltern verschafft. Daß sie ein Ausbund von Schönheit, von Anmut, von Holdseligkeit sein würde, unsere kleine Sylvia, daran zweifelten wir keinen Augenblick.
Wie wir beide nun über der Wiege dieses Kindes selber kindisch wurden, was für süße Albernheiten wir da sprachen und trieben, das will ich gar nicht versuchen zu erzählen. Andere als verliebte Eltern verständen es doch nicht, und alle solche sind wohl selber grad’ so toll gewesen.
Wie das Glück doch selbstisch macht! Es folgte jetzt eine Zeit für uns, in der wir glücklich alles Andere – was nicht unser häuslicher Himmel war – gar zu sehr vergaßen. Die Schrecken der Cholerawoche nahmen in meinem Gedächtnis immer mehr die Gestalt eines entschwundenen bösen Traumes an, und auch Friedrichs Energie in Verfolgung seines Zieles
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/227&oldid=- (Version vom 31.7.2018)