„Ich bin verzweifelt über die Dummheit meiner Landsleute. Die unverbesserliche Barbarei der Menschheit erfüllt mich mit tiefer Trauer. Dieser Enthusiasmus, der von keiner Idee beseelt ist, macht, daß ich sterben möchte, um ihn nicht mehr zu sehen. Der gute Franzose will sich schlagen: 1) weil er sich durch Preußen herausgefordert glaubt; 2) weil der natürliche Zustand des Menschen die Wildheit ist; 3) weil der Krieg ein mystisches Element in sich hat, das die Menschen fortreißt Sind wir wieder zu den Rassenkämpfen gekommen? Ich fürchte es … Die schrecklichen Schlachten, die sich vorbereiten, haben nicht einmal einen Vorwand für sich. Es ist die Lust, sich zu schlagen, um sich zu schlagen. Ich beklage die gesprengten Brücken und Tunnels. Alle diese menschliche Arbeit, die verloren geht! Sie haben gesehen, daß ein Herr in der Kammer die Plünderung des Großherzogtums Baden vorgeschlagen hat. Ach, daß ich nicht bei den Beduinen sein kann!“
„Ach,“ rief ich, als ich diesen Brief zu Ende gelesen, „daß wir nicht fünfhundert Jahre später geboren sind – das wäre noch besser als die Beduinen.“
„So lange werden die Menschen nicht mehr brauchen, um vernünftig zu werden,“ entgegnete Friedrich zuversichtlich.
Das war jetzt das Stadium der Proklamationen und der Armeebefehle.
Immer wieder die alte Leier und immer wieder das zu Beifall und Begeisterung hingerissene Publikum. Über die in den Manifesten verbürgten Siege wird gejubelt, als wären dieselben bereits erfochten.
Am 28. Juli erließ Napoleon III. vom Hauptquartier in Metz folgende Urkunde. Auch diese habe ich eingetragen – nicht etwa aus geteilter Bewunderung
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/263&oldid=- (Version vom 31.7.2018)