Tochter, die nie einen anderen Gatten als den ihrer freien Wahl ehelichen würde. Es wurde verabredet, daß Ollivier nach Baden komme, um dort dem Mädchen zufällig vorgestellt zu werden, als Meyerbeer plötzlich vierzehn Tage nach diesem Ball starb. Ollivier war es – erinnern Sie sich? – der ihm im Nordbahnhof eine Trauer- und Lobrede hielt. Nun behaupte ich, ja, ich bin dessen sicher: hätte Ollivier die Tochter Meyerbeers geheiratet, der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland wäre nicht ausgebrochen! Hier meine plausiblen Beweise. Vorerst hätte Meyerbeer, der das Kaisertum bis zur Verachtung haßte, nie seinem Tochtermann erlaubt, Minister des Kaisers zu werden. Man weiß, daß, wenn Ollivier der Kammer gedroht hätte, eher seine Demission zu geben, als den Krieg zu erklären, dieselbe Kammer nie den Krieg erklärt hätte. Der gegenwärtige Krieg ist das Werk dreier intimer Stuben- und Geheimminister der Kaiserin, mit Namen: Jerome David, Paul de Cassagnac und Duc de Grammont. Die Kaiserin, von dem Papste aufgereizt, dessen religiöse Puppe sie ist, wollte diesen Krieg, an dessen Sieg sie nicht zweifelte, um die Nachfolge ihres Sohnes zu sichern. Sie sagte: „C’est ma guerre à moi et à mon fils!“ und die drei obengenannten päpstlichen „Anabaptisten“ waren ihre geheimen Werkzeuge, um den Kaiser, der keinen Krieg wollte, und die Kammer durch falsche und verhehlte Depeschen aus Deutschland zum Krieg zu zwingen!“
„Das nennt man Diplomatie!“ unterbrach ich schaudernd.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/266&oldid=- (Version vom 31.7.2018)