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die Herausforderung des 19. Juli nicht abgesendet hätte, wäre da in den Deutschen nicht genug Vaterlandsliebe, nicht genug Volkskraft, nicht genug Einigkeit gelegen, um aus sich heraus dasjenige zu bilden, worauf sie jetzt ihren Nationalstolz setzen werden: „Ein einig Volk von Brüdern?“ – Jetzt werden sie jubeln – des Dichters Wunsch ist erfüllt. Daß sie vor kurzen vier Jahren einander in den Haaren gelegen, daß es für Hannoveraner, Sachsen, Frankfurter, Nassauer und so weiter keinen ärgeren Haßbegriff gab als „Preußen“ – das wird zum Glück vergessen sein. Dafür aber der Deutschenhaß, hier zu Lande, wie wird der nunmehr gedeihen!“

Mir schauderte.

„Das bloße Wort Haß“ begann ich –

„Ist Dir verhaßt? Du hast recht. So lange dieses Gefühl nicht recht- und ehrlos gemacht wird, so lange gibt es keine menschliche Menschheit. Der Religionshaß ist überwunden, aber der Völkerhaß bildet noch einen Teil der bürgerlichen Erziehung. Und doch gibt es nur ein veredelndes, ein beglückendes Gefühl hienieden – das ist die Liebe. Nicht wahr, Martha, davon wissen wir etwas zu erzählen?“

Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und blickte zu ihm auf, während er mir zärtlich das Haar aus der Stirne strich.

„Wir wissen,“ fuhr er fort, „wie süß es ist, wenn im Herzen so viel Liebe wohnt – füreinander, für unsere Kleinen, für alle Brüder der großen Menschenfamilie, denen man so gern, so gern das

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/297&oldid=- (Version vom 31.7.2018)