sind als die Meisten glauben, so sind wir vielleicht auch der Veredlung näher als Viele hoffen. Schon lebt vielleicht der Fürst oder der Staatsmann, der die in aller künftigen Geschichte als die ruhmreichste, leuchtendste der Thaten geltende That vollbringen wird, der die allgemeine Abrüstung durchsetzt. Schon stürzt jener Wahn zusammen, kraft dessen der Staatsegoismus einen so täuschenden Anschein von Berechtigung hat – der Wahn, daß der Schaden des Einen den Nutzen des Anderen befördere … Schon dämmert die Erkenntnis, daß die Gerechtigkeit als Grundlage alles sozialen Lebens dienen soll … und aus solcher Erkenntnis wird die Menschlichkeit hervorblühen, die Edelmenschlichkeit, wie Friedrich Tilling zu sagen pflegte … Mutter, hier dieses Glas trinke ich dem Andenken Deines ewig unvergessen Geliebten und Betrauerten, dem auch ich Alles verdanke, was ich denke und was ich bin. Und aus diesem Glase“ – er warf es an die Wand, wo es zerschellte – „wird kein anderer Trunk mehr gemacht und heute – zu des Neugeborenen Tauffest wird kein anderer Toast mehr gesprochen, als dieser: es lebe die Zukunft! Ihre Aufgaben zu vollbringen, dazu wollen wir uns stählen – nicht: unserer Vatersväter – wie die alte Phrase lautet – wollen wir trachten, uns würdig zu zeigen – nein: unserer Enkelssöhne! … Mutter – was ist Dir?“ unterbrach er sich. „Du weinst? … Was siehst Du dort?“
Mein Blick war nach der offenen Glasthür gerichtet. Die Strahlen der untergehenden Sonne umwoben
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/328&oldid=- (Version vom 31.7.2018)