Seite:Camille Pissarro (Julius Meier-Graefe).pdf/10

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

garnichts genützt, sondern eher geschadet, denn zweifellos stehen die Werke, bei denen noch nicht so viele Köpfe mitgeholfen haben, und die Absichten des Künstlers, nicht bescheidener, aber einfacher bleiben, über den späteren. Sobald die vielgerühmte Teilungsgeschichte in den Bildern losgeht, tritt die Oekonomik, die allein die Handlung bestimmt, zurück. Die ganze Teilung hat selbstverständlich nur Sinn, wenn sie der Einheit dient, wenn das Materielle dadurch besser überwunden wird als auf anderem Wege, wenn die Erscheinung kräftiger, mächtiger, schöner erscheint.

CAMILLE PISSARRO, SCHNEELANDSCHAFT BEI PONTOISE

In dem Technischen der Bilder aber verflüchtigt sich die zarte Kraft Pissarros, die uns geben könnte. Er hat nicht so viel, um so vieler Komplikationen Herr zu werden. Monet machte dieselben Verwandlungen durch und erscheint nach jeder neuen Phase nur noch ursprünglicher. Seine Entwicklung ist nicht die seiner Technik, sondern seiner Kunst. Neben aller Differenziertheit seines Suchens lebt ein Primitiver in ihm, ein Sammler, der so knapp wie möglich sein will und von jeder Erscheinung nur den Anteil seiner Art giebt. Ohne dieses Primitive in ihm, in Cézanne, in Renoir, in Manet, sind alle diese Künstler undenkbar. Es entscheidet, nebenbei bemerkt, auch ihre Ueberlegenheit über Whistler, und ganz dasselbe ist es, das einen Degas über einen Besnard stellt.

So brachte auch Pissarros Beteiligung an dem Neo-Impressionismus keine Entscheidung. Schon Anfangs der achtziger Jahre bereitet sich diese neue Phase vor. Les Carrières du Chou bei der Witwe Pissarro (1882) zeigen die Reduktion des Korns. Man glaubt ein netzartiges Gewebe zu sehen, aber es wirkt noch grau, ohne Leuchtkraft, stumpf wie so viele Bilder um das Jahr 1880. Eine sichere Erkenntnis des neuen Weges wurde Pissarro erst mehrere Jahre später. Noch 1884 malt er in allen möglichen Manieren. Les Bords de l’Eure bei den Bernheims sind auffallend dünn, ohne eine Spur von Teilung. 1886 entsteht das grosse Bild mit

Empfohlene Zitierweise:
Julius Meier-Graefe: Camille Pissarro. Cassirer, Berlin 1904, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Camille_Pissarro_(Julius_Meier-Graefe).pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)