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die Fleischlappen bieten dem Schnabel seines Gegners einen leichten Halt dar, und da ein Hahn allemal schlägt wo er hält, wenn er einmal seinen Feind ergriffen hat, so hat er ihn dann vollständig in seiner Gewalt. Selbst angenommen, dass der Vogel nicht getödtet wird, so ist der Verlust an Blut, den ein nichtgestumpfter Hahn erleidet, viel bedeutender als der, welchem ein gestumpfter Hahn ausgesetzt ist“.[1] Junge Truthähne ergreifen während ihrer Kämpfe sich stets einander bei den Fleischlappen, und ich vermuthe, dass die alten Vögel in derselben Weise kämpfen. Man könnte vielleicht einwerfen, dass der Kamm und die Fleischlappen nicht zur Zierde dienen und den Vögeln auf diese Weise nicht von Nutzen sein können; aber selbst für unsere Augen wird die Schönheit des glänzend schwarzen spanischen Hahns durch sein weisses Gesicht und den carmoisinen Kamm bedeutend erhöht, und Jeder, der nur irgend einmal die glänzend blauen Fleischlappen des männlichen Tragopan-Fasans gesehen hat, wenn er sie während der Brautwerbung ausdehnt, kann auch nicht einen Moment zweifeln, dass das in ihrer Entwickelung verfolgte Ziel die Schönheit sei. Aus den vorstehend mitgetheilten Thatsachen sehen wir deutlich, dass die Zierfedern und andere Schmuckarten des Männchens von der grössten Bedeutung für dasselbe sein müssen; und wir sehen ferner, dass Schönheit in einigen Fällen selbst von grösserer Bedeutung ist als ein Erfolg beim Kampfe.


  1. Tegetmeier, The Poultry Book. 1866, p. 139.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/104&oldid=- (Version vom 31.7.2018)