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unter denselben Umständen abgesondert. Endlich ist dieselbe Thatsache auch in Nord-America bei einem merkwürdig wilden und isolirten Stamme, aber hauptsächlich bei den Weibern beobachtet worden. Bei einem andern Stamme ist sie nur bei einer einzelnen Gelegenheit gesehen worden.

Wie vorhin bemerkt wurde, geht excessives Lachen gradweise in mäßiges Lachen über. In diesem letztern Falle werden die Muskeln rund um das Auge viel weniger zusammengezogen; auch findet sich wenig oder gar kein Stirnrunzeln. Zwischen einem leisen Lachen und einem breiten Lächeln ist kaum irgend welcher Unterschied, ausgenommen, daß beim Lächeln kein wiederholter Laut ausgestoßen wird, obschon eine einzelne ziemlich starke Exspiration oder ein leises Geräusch — ein Rudiment eines Lachens — häufig beim Beginn eines Lächelns zu hören ist. Bei einem mäßig lächelnden Gesichte kann die Zusammenziehung der obern Kreismuskeln gerade noch an einem leichten Senken der Augenbrauen bemerkt werden. Die Zusammenziehung der untern kreisförmigen und Augenlidmuskeln ist viel deutlicher und zeigt sich durch das Furchen der untern Augenlider und der Haut unter ihnen in Verbindung mit einem leichten Hinaufziehen der Oberlippe. Aus dem breitesten Lächeln kommen wir durch die feinsten Abstufungen in das sanfteste. In diesem letztern Falle werden die Gesichtszüge in einem viel geringern Grade bewegt, auch viel langsamer, und der Mund wird geschlossen gehalten. Auch ist die Krümmung der Nasenlippenfurche unbedeutend verschieden in beiden Fällen. Wir sehen hieraus, daß keine scharfe Trennungslinie zwischen der Bewegung der Gesichtszüge während des heftigsten Lachens und eines sehr leichten Lächelns gezogen werden kann.[1]

Man kann daher sagen, daß ein Lächeln der erste Zustand in der Entwickelung eines Lachens ist. Man kann sich aber auch eine verschiedene und wahrscheinlichere Vermuthung bilden, nämlich daß die Gewohnheit, laute wiederholte Töne aus einem Gefühle des Vergnügens auszustoßen, zuerst zur Zurückziehung der Mundwinkel und der Oberlippe und zur Zusammenziehung der kreisförmigen Muskeln führte, und daß nun durch Association und lang fortgesetzte Gewohnheit dieselben Muskeln in unbedeutende Thätigkeit versetzt werden, sobald durch irgend eine Ursache in uns ein Gefühl erregt wird,


  1. Dr. Piderit ist zu demselben Schlusse gekommen, a. a. O. S. 99.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/203&oldid=- (Version vom 31.7.2018)