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Zweifel während vieler vorausgegangener Generationen der Fall gewesen ist. Wenn wir daher für den Augenblick einmal annehmen, daß die Haargefäße von scharfer Aufmerksamkeit beeinflußt werden können, so werden diejenigen des Gesichts im höchsten Grade empfindlich geworden sein. Durch die Kraft der Association werden dann dieselben Wirkungen einzutreten geneigt sein, so oft wir denken, daß Andere unsere Handlungen oder unsern Character beachten oder beurtheilen.

Da die Grundlage dieser Theorie darauf beruht, daß geistige Aufmerksamkeit eine gewisse Kraft besitzt, den capillaren Kreislauf zu beeinflussen, so wird es nothwendig sein, eine beträchtliche Menge von Einzelnheiten anzuführen, die mehr oder weniger direct sich auf diesen Gegenstand beziehen. Mehrere Beobachter[1], welche in Folge ihrer großen Erfahrung und Kenntnis in hervorragendem Grade fähig sind, sich ein richtiges Urtheil zu bilden, sind überzeugt, daß Aufmerksamkeit oder Bewußtwerden (welchen letztern Ausdruck Sir Henry Holland für den bezeichnenderen hält), auf irgend einen Theil des Körpers concentrirt (und es kann beinahe jeder so beeinflußt werden), irgend eine gewisse directe physikalische Einwirkung auf denselben hervorruft. Dies gilt sowohl für die Bewegungen der unwillkürlichen wie der willkürlichen Muskeln, wenn sie unwillkürlich in Thätigkeit treten — desgleichen für die Absonderung der Drüsen —, für die Thätigkeit der Sinne und der Sinnesempfindungen — und selbst für die Ernährung der Theile.


  1. In England war wohl, wie ich meine, Sir H. Holland der erste, welcher den Einfluß der geistigen Aufmerksamkeit auf verschiedene Theile des Körpers erörterte, in seinen Medical Notes and Reflections, 1839, p. 61. Dieser Aufsatz wurde sehr erweitert wieder abgedruckt von Sir H. Holland in seinen „Chapters on Mental Physiology“, 1858, p. 79, nach welchem Werke ich immer citire. Ziemlich zu derselben Zeit und dann auch später noch erörterte Professor Laycock denselben Gegenstand; siehe Edinburgh Medical and Surgical Journal, 1839, July, p. 17—28; s. auch dessen Treatise on the Nervous Diseases of Women, 1840, p. 110, und Mind and Brain, Vol. II, 1860, p. 327. Dr. Carpenter's Ansichten über Mesmerismus gehen ziemlich auf dasselbe hinaus. Der berühmte Physiolog Johannes Müller handelte von dem Einflusse der Aufmerksamkeit auf die Sinne; Handbuch der Physiologie des Menschen, Bd. 2, 1840, S. 95, 272. Sir James Paget erörterte den Einfluß des Geistes auf die Ernährung der Theile in seinen Lectures on Surgical Pathology, 1853, Vol. I, p. 39. Ich citire nach der dritten von Professor Turner revidirten Ausgabe, 1870, p. 28. s. auch Gratiolet, De la Physionomie, p. 283—287.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/330&oldid=- (Version vom 18.8.2016)