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ergrauten Bart und auf den Wangen zwei kreisrunde, rötliche Tätowierungen hatte, fiel mir auf, weil er sich schließlich fast jede Woche einstellte, trotzdem man ihm nur höchst selten aus den Fenstern Münzen zuwarf. Zweimal klingelte er auch bei mir und bot als herumgehender Händler orientalische Decken, Pfeifen und sonstige Kleinigkeiten an. Vorgestern, als Ihr gepackter Koffer gerade im Korridor stand, war er wieder da. Und bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, daß er Ihr Gepäck mit einem besonderen Blicke streifte und etwas wie ein befriedigtes Lächeln über sein dunkles, runzliges Gesicht flog. Erst in diesem Moment fühlte ich einen unbestimmten Argwohn gegen den Mann. Da ich aber gerade sehr beschäftigt war, vergaß ich ganz, Ihnen von meinen Beobachtungen Mitteilung zu machen.“

Der Schreck, der mich bei dieser Nachricht befiel, mußte sich recht deutlich in meinen Zügen ausprägen, denn mein junger Freund fragte ganz bestürzt:

„Habe ich das Richtige vermutet? Kann Ihnen der alte Bursche gefährlich werden, Herr Gabler.“

„Lieber Doktor, Sie machen sich unnötige Sorgen,“ meinte ich mit gutgespielter Gleichgültigkeit. „Den von Ihnen beschriebenen Orientalen habe ich noch nie gesehen. Was sollte der Mann auch von mir wollen? – Ich habe in jeder Beziehung ein reines Gewissen,“ fügte ich mit Betonung hinzu.

Der Schaffner forderte mich bereits dringend zum Einsteigen auf. Ein letzter Händedruck, und wir trennten uns. –

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Auge des Brahma. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Auge_des_Brahma.pdf/111&oldid=- (Version vom 30.6.2018)