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Kreuz- und Querfahrten und seine an Sie gerichteten Warnungen sprechen unzweifelhaft dafür. Wodurch er sich seiner Zeit in Indien den anscheinend nie versiegenden Haß seiner Feinde zugezogen hat, wissen wir bisher nicht. Hier in Danzig glaubte er dann endlich eine sichere Zufluchtsstätte gefunden zu haben. Aber seine Verfolger ließen nicht nach, bis sie ihn auch hier entdeckt hatten. Sie schrieben ihm dann jene beiden Briefe, deren Kuverts Sie auf dem Schreibtische gefunden haben, – Kuverts, die auf der Rückseite das Geheimzeichen trugen, vor dem Sie Frau Maria, sich so sehr in acht nehmen sollten, wie Ihr Vater Ihnen eingeschärft hatte. Von diesen Briefen ist der erste, – das ist aus dem Poststempel ersichtlich, vier Tage vor Durgassows Verschwinden in Dirschau aufgegeben worden, der zweite ebenfalls in Dirschau und zwar am Morgen desselben Dienstags, an dem Sie Ihren Vater zum letzten Male sahen. Was diese Briefe enthielten, kann ich nur vermuten. Sicherlich nur die Aufforderung, sich irgendwo zu einer Unterredung einzufinden. Denn hätten die Feinde Durgassows einen Anschlag auf sein Leben beabsichtigt, so würden sie sich sehr gehütet haben, ihn durch diese Briefe vorher zu warnen. Ich denke mir weiter, daß der Inhalt des ersten Schreibens noch ziemlich harmlos gewesen ist. Denn Ihr Vater blieb in Danzig, dachte an eine Flucht noch nicht. Allerdings fühlte er sich durch die Nähe seiner Verfolger sehr bedrückt, wie dies aus seinem etwas verstörten Wesen, das ihm deutlich anzumerken war, hervorging. Weniger harmlos war dann aber fraglos der zweite Brief, der am Dienstag nachmittag in Durgassows Hände gelangte. Dieser Brief trieb ihn zu einem schnellen Entschluß: Er benutzt gleich die regnerische Nacht von Dienstag zum Mittwoch, um Ihr Haus zu verlassen. Er geht zunächst in das Passage-Cafee, – wahrscheinlich – um bis zur Abfahrt des Nachtzuges dort die Zeit hinzubringen. Während er die Abendblätter durchsieht, fällt ihm plötzlich ein, daß er Ihnen, seinem einzigen Kind, keinerlei Nachricht hinterlassen hat. Da findet

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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)