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vorlegen, das sie zu dem billigen Massenpreis von 30 Pf. unter das Volk bringen, ist viel mehr, bzw. viel weniger als eine Evangelienharmonie. Das Volkstestament der Deutschen Christen ist ein für die Gegenwart „gereinigtes“[1], nach modernen Grundsätzen „in Ordnung gebrachtes“[2] Evangelium.

Diese Veröffentlichung ist für die Geschichte des kirchlichen Lebens in Deutschland zweifellos ein Ereignis. Die Deutschen Christen empfinden das auch selbst und lassen das an dem gewiß nicht anspruchslosen Namen erkennen, den sie ihrem Volkstestament gegeben haben. „Die Botschaft Gottes“[3] nennt sich das kleine Büchlein von 96 Seiten. Wir werden nach alledem in diesem Buch ein maßgebliches Bekenntnis erblicken dürfen und können nur dafür dankbar sein, daß uns auf diese Weise endlich auch klar die Frage beantwortet wird, was die Deutschen Christen von der Heiligen Schrift eigentlich gelten lassen. Die Veröffentlichung des Volkstestaments befreit uns von allen Mutmaßungen, Übertreibungen und Beschönigungen. Wir wissen nunmehr eindeutig, woran wir sind.

Das Neue Testament soll nicht beseitigt werden. Diese Tatsache erweckt in uns die Hoffnung, daß noch nicht die letzten Brücken zur christlichen Kirche abgebrochen sind. Und es ist gewiß ehrlich gemeint, daß das Volkstestament dem Worte Jesu wieder den Weg zum deutschen Volk bahnen möchte. Walter Grundmann, der die Hauptarbeit an diesem Buche geleistet hat und in seinem Nachwort sowie in anderen Veröffentlichungen als Wortführer für das gesamte Unternehmen auftritt, ist nach seinen eigenen Worten von der Überzeugung geleitet, „daß unser deutsches Volk dadurch seinem Herzensfrieden und seiner Einung auch auf dem Gebiete des frommen Lebens nähergebracht wird, wenn man ihm eine neue echte Begegnung mit Jesus von Nazareth und der in seinem Wort und seiner Person liegenden Kunde von Gott ermöglicht.“[4] Eine neue echte Begegnung mit Jesus – wer wünscht sich das nicht?

Aber was heißt echte Begegnung? Schon da muss die Feststellung gemacht werden, daß Grundmann keine Begegnung mit dem biblischen Christus sucht, sondern daß er die Möglichkeit einer Begegnung mit Jesus überhaupt nur gegeben sieht, wenn aus den Evangelien alles verschwindet, was eine solche Begegnung erschwert. Darum steht Grundmann nicht wie einst Luther


  1. derartige Forderung findet sich in Entschließung des Gaues Groß-Berlin der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“. In: Junge Kirche. Band 1, 1933, S. 322 (geschichte-bk-sh.de).
  2. bei Gottfried Feder: Das Programm der N.S.D.A.P. und seine weltanschaulichen Grundgedanken (= Nationalsozialistische Bibliothek. Nr. 1). F. Eher Nachf., München 1927, S. 14 (DNB). findet sich zwar diese Formulierung. Ein inhaltliche Bezug wird aber nicht direkt deutlich.
  3. Fischer liegt nicht spätere Ausgabe mit 296 S., sondern eine früher Ausgabe mit 96 S. vor. Für die folgenden Fußnoten wird ausgegangen von Weimar ohne Jahr, 96 S., doi:10.17192/eb2017.0086.
  4. S. IX
Empfohlene Zitierweise:
Karl Fischer: Das Volkstestament der Deutschen Christen. Bekennende Evangelisch-luth. Kirche Sachsens, Dresden 1940, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Volkstestament_der_Deutschen_Christen.pdf/4&oldid=- (Version vom 11.3.2024)