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Eindruck, als ob Friedrich Müller gern sofort wissen möchte, wenn Sie hier sind. Daß es sich bei diesem Spionieren nur um Ihre Person handeln kann, geht aus folgendem hervor. Der Diener Hartung ist bisher nie auf dem Bahnhof gewesen, jedenfalls höchstens in dem halben Jahr, seit er mit seinem Herrn hier wohnt, drei bis vier Mal und dies dann nur zu dem Zweck, um eilige Briefe in den Bahnhofskasten zu werfen. Erst an dem Tage, an dem Sie Friedrich Müller mitteilten, daß Sie es versuchen wollten, dem Gespenst nachzuspüren, begannen Hartungs Patrouillengänge nach dem Bahnhof, die er täglich fünf Mal unternehmen mußte und die erst aufhörten, als Sie hier gewesen waren. – Weitere Bemerkungen an diese Tatsache will ich nicht knüpfen. Jedenfalls sehen Sie, daß wir hier in Gauben auch die Augen offenhalten können. Und das werde ich jetzt erst recht tun. Denn, unter uns gesagt, als ich Müller erzählte, daß Sie bei mir waren und wiederkommen würden, da es Ihnen jetzt an der nötigen Zeit fehle, tauschte er mit seinem Diener einen Blick aus, den ich nicht bemerken sollte, der mir aber doch nicht entging. Und in diesem Blick lag soviel Spott und höhnischer Triumph, daß ich plötzlich, hinsichtlich des grauen Gespenstes, zu einer ganz anderen Ansicht gelangt bin. – Ihnen bei Ihrer Erfahrung wird es nicht schwer fallen, aus alledem Ihre Schlüsse zu ziehen und Ihr Vorgehen so einzurichten, daß Sie auch wirklich Erfolg haben. – Das Schönste ist – der Herr Privatgelehrte hält mich als Kleinstädter anscheinend für einen – rechten Einfaltspinsel. Mag er. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. – Nebenbei bemerkt, war Müller am Tage Ihrer Abreise bereits wieder völlig gesund. Ich traf ihn an seinem Schreibtisch sitzend und behaglich eine Pfeife rauchend, an. – Hochachtungsvoll ergebenst – Ernst Wernicke, Kolonialwarenhändler.“

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)