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Magelhaens-Straße sind ein riesiger Friedhof. Die Schiffsversicherungsgesellschaften wissen davon ein trübes Lied zu singen. Hier flüchteten klägliche Menschlein aus leckgeschlagenem Schiffe in die Boote und wurden tot, erfroren aufgefunden.

Der Kutter reißt an den Ankerketten, tanzt, bäumt sich, steckt die Nase in die kalte Flut, schüttelt die Nässe wieder ab, torkelt, stöhnt, ächzt …

Ich in Ölzeug habe Wache. Die Jörnsens schlafen. Es ist bitterkalt. Hin und wieder fegt Schnee aus dem fliegenden Gewölk herab. Drüben jenseits des Kanals, in dem wir hier liegen, eine flachere große Insel, dicht bewaldet – die immergrünen, faulenden, stinkenden Wälder Feuerlands. Die Musik von Sturm und Wogen und knarrenden Masten und klirrenden, kreischenden Ankerketten wird zuweilen übertönt von dem Sturz gewaltiger Stämme, die andere mit umreißen.

Ich habe einen Becher Kognak im Leibe und zwei Wollsweater auf dem Leibe, stampfe auf dem nassen Deck umher – hin und her – vom Bug zum Heck, vom Heck zum Bug …

Die Laternen kämpfen müßigen Kampf gegen die Finsternis, aus der die weißen Streifen der Wogenkämme heransausen wie flach fliegende Gespenster … Spritzer fahren in die Luft, klatschen auf Deck …

Ich bekomme eine ungefähre Vorstellung von dem, was hier ein Unwetter bedeutet.

Aber ich fühle mich frisch und voller Spannkraft, habe den Seelendruck überwunden. – Gerda – – Boche Boche … nicht daran denken! Ich ändere nichts! Armer braver Kamerad …! Wo mag seine Leiche von den Haien gefressen

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)