Ein beliebiges System von Einheiten , …, heißt ein System von unabhängigen Einheiten, wenn zwischen denselben keine Gleichung von der Gestalt besteht, wo , …, ganze rationale, nicht sämtlich verschwindende Zahlen sind. Die Zahl ist stets ; insbesondere bilden die Grundeinheiten , …, ein System von unabhängigen Einheiten. Hat man andererseits irgendein System von unabhängigen Einheiten , …, , so existiert stets eine ganze rationale Zahl von der Art, daß für jede beliebige Einheit des Körpers eine Gleichung von der Gestalt gilt, wo die Exponenten , …, ganze rationale Zahlen sind. Ist nämlich für , , …, , wo Einheitswurzeln und , …‚ ganzzahlige Exponenten sind, so ist die Determinante der ganzzahligen Exponenten , …, wegen der vorausgesetzten Unabhängigkeit der Einheiten , …, notwendig . Wird diese Determinante genannt, so folgt, daß die -te Potenz jeder beliebigen Einheit des Körpers gleich einem Produkt von Potenzen der Einheiten , …, , multipliziert in eine Einheitswurzel , wird. Ist für alle Einheitswurzeln in , so ist offenbar die ganze Zahl von der gewünschten Beschaffenheit.
Der obige Beweis unseres Hauptsatzes 47 zeigt zugleich die Möglichkeit, die Grundeinheiten , …‚ durch eine endliche Anzahl von rationalen Operationen aufzustellen. Die eingehendere Behandlung der Frage nach der einfachsten Berechnung der Einheiten führt auf die Theorie der kettenbruchähnlichen Algorithmen, wobei dann die weitere Frage nach der Periodizität solcher Entwicklungen im Vordergrund des Interesses steht [Minkowski (3,4)].
Jede ganze Zahl des Zahlkörpers bestimmt ein Hauptideal; jede gebrochene, d. h. nicht ganze Zahl in ist der Quotient zweier ganzen Zahlen und und somit als Quotient zweier Ideale und darstellbar: . Denken wir die Ideale und von allen gemeinsamen Idealfaktoren befreit, so ist diese Darstellung der gebrochenen Zahl als Idealquotient eine eindeutig bestimmte. Ist umgekehrt der Quotient zweier Ideale und – mögen dieselben einen gemeinsamen Teiler haben oder nicht – gleich einer ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers, so werden die beiden Ideale und einander äquivalent genannt, d. i. in Zeichen . Aus folgt , und somit erkennen wir, daß zwei Ideale und dann und nur dann einander äquivalent sind, wenn sie durch Multiplikation mit gewissen Hauptidealen in ein und das nämliche Ideal übergehen. Die Gesamtheit aller Ideale, welche einem gegebenen Ideal äquivalent sind, heißt eine Idealklasse.
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)