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Sogar im blumenarmen Peking gab es Flieder. In allen Gesandtschaftsgärten standen eine Menge Büsche. Im April über Nacht erblühten sie mit einemmal, alle zugleich. In allen Wohnzimmern, auf allen Speisetischen war dann die gleiche weißlila Pracht und Fülle. Vierzehn Tage dauerte der Blumenzauber. Das war die einzige Zeit des Jahres, wo es in Peking gut roch.

In den Tagen der Fliederblüte gab Sir Robert Hart regelmäßig eines seiner Gartenfeste. Die chinesische, uniformierte Kapelle, die er sich hielt und auf die er sehr stolz war, spielte die paar europäischen Weisen, die ihr ein portugiesischer Kapellmeister aus Macao beigebracht hatte. Mit den altbekannten, nur zuweilen unfreiwilligerweise etwas veränderten Melodien zog durch den Garten der heimatliche Fliederduft. Männlein und Weiblein der Société de Pékin wandelten in den paar Alleen auf und ab und zeigten Tientais neueste Modeschöpfungen; sie gingen paarweise, persönlicher Neigung folgend, oder gruppierten sich je nach der augenblicklichen politischen Konstellation. Politik ist eine Würze, die in Peking gern allem beigemischt wird. – Zum Schluß dieser geselligen Vereinigungen wurde dann immer eine Quadrille auf dem kleinen holperigen Rasenplatz getanzt. Man tat jedesmal so, als sei diese Quadrille der

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)