man daher ein jedes wie ein kleines Wunder anstarrt. – Die schönen New Yorkerinnen haben gar so viel zu tun!
Auffallend ist, welches Gewicht dem Urteil amerikanischer Damen auf allen Gebieten zugestanden wird. Literarischer, künstlerischer Ruf wird von ihnen bestimmt; wer vorwärts kommen will, muß so malen, schreiben oder musizieren, daß er den leitenden Damen der Gesellschaft gefällt. In allen schöngeistigen Dingen sind sie ihren gelderwerbenden Männern sehr überlegen, und niemand weiß das besser, als sie selbst, aber ich glaube kaum, daß sie sich dadurch unglücklich fühlen, es erscheint ihnen der weisen Ordnung der Dinge zu entsprechen; und die Pose der feingebildeten, nur das Zarteste empfindenden Frau, die von einem aus gröberem Stoff geformten Mann nicht ganz verstanden wird, ist eine kleidsam geheimnisvolle. Bezaubernde, diaphane Geschöpfe sind es, für jede Tagesstunde mit andern berückenden Gewändern versehen, und die große Nutzlosigkeit ihres Daseins verbergen sie vor sich selbst mit Erfolg hinter einem felsenfesten Glauben an die Wichtigkeit der tausenderlei Dinge, die sie in steter Eile betreiben.
Aber das ist nur ein ganz bestimmter Typus, den wir Fremde vielleicht gerade deshalb am
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/111&oldid=- (Version vom 31.7.2018)