Seite:De Briefe die ihn nicht erreichten Heyking Elisabeth von.djvu/113

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sagte, er gliche im äußern den Lilien auf dem Felde, aber das Sorgen überlasse er nicht nur dem lieben Gott, sondern halte es darin wohl mehr mit Martha als mit Maria. Heute nun sah ich ihn in gewöhnlicher schwarzer Priestertracht wieder und erkannte ihn anfänglich gar nicht in dieser Rückbildung. Er war aber sonst ganz der Alte, derb, heiter und voll gesunden Menschenverstandes. Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, wie ich mich freute, jemand zu sehen, der direkt von Peking kam! Beinah ebenso froh war ich wie Ta, der dem Provikar einen kotau-artigen Knix machte und ganz strahlend schien, endlich mal wieder chinesisch sprechen zu können.

Natürlich fragte ich Hofer gleich nach Ihnen. Er sagte mir aber, nachdem was er in Peking gehört habe, glaube er, daß Sie erst im Juni dort eintreffen würden. Da wird es also noch lange dauern, bis ich von Ihnen höre, und während all der Zeit werden auf der Post in Schanghai meine Briefe liegen, die ich immer in der Illusion schreibe, als schwatzte ich mit Ihnen, und als könnten meine Gedanken Sie unmittelbar erreichen. Von den Pekinger Bekannten erzählte mir der Provikar, und obschon er nur alle paar Jahre aus seiner Provinz mal hinkommt, kennt er doch sämtliche dortigen, kleinen und großen Intrigen, als hielte er die Fäden

Empfohlene Zitierweise:
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/113&oldid=- (Version vom 31.7.2018)