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Pekinger Gigerl! Sie wurden mir als Marquis Tschiao fenglo und Bruder vorgestellt, die sehr gut englisch könnten. Ich redete den einen, der mir der ältere schien, als Marquis an, erhielt aber die Antwort: »my brother he be Marquis, me be plain Esquire.« Im verblüffendsten Pidgin Englisch erklärten mir dann die Brüder, daß der ältere nur ein adoptierter Sohn des verstorbenen Marquis Tschiao sei. Während sie mir noch die verwickelte Frage von Adoption in China zu erklären suchten trat unser Wirt an mich heran.

Sie folgten ihm.

Er stellte Sie vor.

Und sobald ich zu Ihnen aufschaute, hatte ich die ganz bestimmte Empfindung, Sie früher schon gekannt zu haben – und ich wußte doch ganz genau, daß ich Sie zum erstenmal erblickte. Es war ein ganz seltsames Gefühl. Mir war, als stände ich an jener Tür, die für uns verschließt, was wir gewesen vor diesen paar kurzen Erdenjahren, für die unser schwaches Gedächtnis gerade mühsam reicht – und mit Anstrengung aller Fähigkeiten des Denkens und Erinnerns suchte ich diese Tür für einen Augenblick spaltenweit zu öffnen.

Bei dem Diner saßen Sie ziemlich weit von mir, wenn ich mich aber etwas vorbog, konnte ich Sie mir schräg gegenüber erblicken. Immer wieder

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/214&oldid=- (Version vom 31.7.2018)