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Ich habe gewartet. Gleich vielen Frauen, die ihr Leben lang nichts tun als warten.

Die Wandlungen in meinem Leben sind immer von außen gekommen.

Nach Jahren, in denen die goldene Jugend schwand, ward mir die allzu schwere Last, ohne mein Dazutun, wenigstens teilweise abgenommen. Aber sie hatte mir ihren Stempel gelassen. Das Gebücktsein war mir geblieben, wie den Bäumen, die sich jahrelang vor dem Nordsturm beugen mußten. Alle Schwungkraft hatte ich verloren. Hoffnungslos schaute ich um mich. Was konnte das Leben noch enthalten?

Wanderjahre folgten und brachten etwas äußere Zerstreuung. In mir war es ganz still geworden. Ich hielt es für Todesstille, die ja für so viele lange vor dem Tode kommt.

So kam ich nach Peking.

Damals wähnte ich, des Lebens Kampf sei überwunden, und wunschlos lebte ich hin in wachem Traume. Wie blasse Nebelbilder glitten die Tage an mir vorüber. Müde, müde war ich, gleich allen, die nur noch des Endes harren.

Da kamen Sie.

Wie soll ich das schildern, was unbewußt, ungesucht geworden, woran ich nie rührte, was ich nicht sehen wollte. Die wir viel gelitten, wir

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/233&oldid=- (Version vom 31.7.2018)