Faden, mit dem sie stickte, unter den Händen um einen Taillenknopf, er bemühte sich, ihre eifrig hantirenden Finger zu küssen, es half alles nicht viel. Erst als er beim Nachtessen feierlich erklärte, er würde nichts genießen, falls ihm nicht Toni jedes Stück auf den Teller lege, die Butterbrödchen eigenhändig streiche und die Birnen schäle und zertheile, fing sie heimlich an, über ihren tyrannischen Sklaven zu lächeln, und gab ihm alles so zierlich und appetitlich vorgerichtet, als ob er wirklich keine Hände besitze.
„So ist’s recht! So hab ich’s auch gemacht, so lange mein Mann lebte!“ nickte Mama wohlgefällig, „sogar an der Table d’hote mußte ich ihm jedes Stück vorlegen! Ich sah auch immer die besseren Stücke! Ach, wenn man so allein nachbleibt später, es ist zu traurig!“
Von jetzt an verbrachten sie nur die Nachmittage und Abende zusammen, die Frauen baten selbst nicht wieder, daß er seine Arbeit zu ihnen mitbringe. Sie hatten viel Besuch und gingen auf Einkäufe. Er sollte dann loben, den Preis errathen, mit demselben Interesse womöglich wie sie bei den Gegenständen sein.
„Ist es nicht fürchterlich, was so kleine Frauen alles zum Leben brauchen?“ sagte er dann wohl, „wenn ich denke, wie platonisch unsereins vor diesen Schaufenstern stehen kann, die Euch zu lauter Fallgruben werden!“
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)