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gern zu Dank leben, alles zu Willen thun, wie sie Papa alles zu Willen thut, aber wenn auch immer Dinge von mir verlangt werden, die ich nicht leisten kann, dann fühlt man sich so – so fremd in der eigenen Familie! Ach, ich erschrecke selbst vor dem gräßlichen Wort. Fremd! Und es ist doch wahr! Aber wie furchtbar würde es Mama kränken, wenn sie wüßte, daß ich solche Gedanken habe. Und noch dazu muß ich immer lustig sein; ich komme mir manchmal wie ein Hanswurst vor, der für Kost und Kleidung – so eine Art Hofnarr, weißt Du! Pfui, wie greulich, mit solchen Gedanken zu lachen und Unsinn zu machen! Aber sonst sagen sie gleich: „Na, Lisbeth, Dir ist wohl heute die Petersilie verhagelt?“ Selbst die kleine Frieda fängt schon so an: „Lisbeth, bist heute gar nicht lächerlich, hast wohl schon wieder Kopfweh?“ Und plötzlich, wie auf Kommando, sehen mich alle an, und jeder findet was anderes: dann soll ich blaß sein, dann roth, Papa sagt gewöhnlich grün; ich läse zu viel, ich sollte mich lieber im Hausstand beschäftigen, ich könnte doch mal Fehrs besuchen und Frieda und Trude mitnehmen, daß ich doch an die Luft käme, und Tante fängt zuletzt noch an: „Ja, wenn man umsonst oder für ’n Ei und Butterbrod Privatstunden gibt und sich abrennt mit Krankenvisiten, dann kann man sich natürlich der Familie nicht mehr widmen“, und dann predigt sie immer wieder: „charity

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Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/312&oldid=- (Version vom 31.7.2018)