Und so leb denn wohl, lieber Axel, ich kann es noch gar nicht glauben, daß alles aufhören soll. Was war denn Unrechtes daran?
In dem kleinen Bahnhofsrestaurant am Klosterthor war ein Drängen und Schieben, als ob etwa Bismarck erwartet werde. Es war aber nur der dreiundzwanzigste Dezember und das böige nasse Wetter, das die Weihnachtskäufer hier in dem dumpfen Garküchengeruch zusammendrängte; als der Zug der Hamburg-Altonaer Verbindungsbahn einfuhr, gab es einen Sturm auf den Perron hinaus und auf die Coupés, als ständen nicht unübersehbare Haufen Gepäck zur Beförderung da, trotzig und hartnäckig pochend auf ihre Unbeweglichkeit, und mit breiter Schadenfreude ihr Schwergewicht an all die Ungeduld hängend, die da vorwärts, in die schwarze häßliche Nacht hinaus, zu fahren verlangte. Da wurden triefende Regenschirme rücksichtslos an Sammetmänteln abgewischt, zwischen wildfremde Beine geschoben, in Pappschachteln gebohrt und augenbedrohend, gleich Spießen, unter den Arm gesteckt, um die Hände frei zu bekommen. Die zärtlichsten Familienbande wurden zertrennt von jählings daherrasselnden schottischen Karren, auf denen die Kisten und Koffer wackelten; einem jungen Fräulein purzelten drei Pakete, die sie zierlich an Schnüren baumelnd
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/354&oldid=- (Version vom 19.8.2019)