war, schwankte wieder in das Brauhaus zurück, denn es war ihm zu seinem Hunger auch noch ein großer Schrecken in die Glieder gefahren. Er hatte draußen unter einer Laterne den leibhaftigen Tod aus einer Droschke aussteigen sehen. Eine lange weiße Gestalt mit einer Sense in der Knochenhand hatte er gesehen, und unter einem weißen Laken grinste ihn ein Totenkopf so schaurig an, wie nur die Totenköpfe der Verschütteten ausgesehen hatten, die Häcksel im blinden Stollen ausgegraben, ehe er auf den Geldgurt gestoßen war.
Rasch wendete sich Häcksel, am ganzen Leibe schlotternd, wieder in das Brauhaus zurück und ließ sich vom Gedränge vorwärtsschieben, halb erwürgt von Hunger, Durst, Schwäche und Angst.
Da stand ein hübsches Mädchengesicht vor ihm; das war von einem Vergißmeinnichtkranz umrahmt, und kleine flachsblonde Locken kräuselten sich ihr zierlich um Stirn und Nacken und verdeckten die Ohren. Vom Kopf fiel ein bräutlicher Schleier, der war dem blonden Geschöpf unterm Kinn zusammengebunden und hüllte auch den Körper zart und dicht ein. Auch Silberspangen und Silbergürtel glänzten an ihr.
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/114&oldid=- (Version vom 31.7.2018)