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auf der ihre schwarzen Augen ruhen wollten, konnte sie Dagon nie abringen.

Claudia warf sich dann auf die Arbeit. Sie hatte studiert, hatte ihr Examen gemacht. Sie wurde Ärztin und arbeitete an Dagons Seite unentwegt und damals noch ungelähmt. Sie tat ihre Arbeit gern, um ihren Mann zu ihrem Schuldner zu machen. Denn Dagon hatte kein Vermögen geerbt, wie sie beide es erwartet hatten. Dagons Geschwister hatten es vermocht, den sterbenden Vater zu veranlassen, seinen leichtlebigen Sohn zu enterben, ihn nur auf Pflichtteil zu setzen, und dieses Geld sollte Claudias Kindern und nicht Dagon ausgezahlt werden.

Sie verdiente nun neben ihrem Mann, denn sie hatten beide hohe Lebensansprüche. Die Luft um Dagon wurde immer trüber. Er blieb halbe Tage fort, ohne daß Claudia wußte, wo er war. Sie erfuhr immer wieder von neuen kleinen Leidenschaften zu Frauen aller Kreise, die Dagon fesselten und die er ausleben mußte.

Er selbst spaßte nur darüber, als wären seine Liebeserlebnisse nicht mehr als kleine Warzen an der Hand, die kommen und gehen und dem Wohlergehen nicht weiter schädlich sind.

Empfohlene Zitierweise:
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/161&oldid=- (Version vom 31.7.2018)