ist. Die hellen weißen und himmelblauen Gemächer, mit gelbseiden verschleierten elektrischen Lampen und voll mit Bildern und Büchern und von zierlichen asiatischen Nippes belebt, sind wie eine irisierende Haut über einem Pfuhl von pechschwarzem Wasser.
Aber die einzige tiefe Empfindung, die man in diesen hellen und gefälligen Räumen erlebt, kommt nicht von den Büchern in den Schränken und nicht von den Kunstwerken aus, sie geht aus von den unglücksglänzenden schwarzen Augen Claudias; diese Augen, denen das Weinen schon längst kein Trost und keine Erlösung mehr ist, glänzen vor Schmerzen.
Bald nach dem Weihnachtsfest sah ich Claudia bei einem Besuch wieder. Sie stand an ihrem Teetisch und trug über dem schwarzen Seidenrock eine goldgelbe Seidenjacke, die war von einem etwas dunkleren Goldgelb als die Schleier ihrer Lampen. Sie schien Ruhe und Wärme auszuströmen, und ich fragte mich erstaunt: was geht in ihr vor? Ihre Augen waren entkräftet und schienen außerhalb des Zimmers traumwandelnd herumzugehen. Ich erfuhr dann, daß sie krank sei, sie hustete, sie hatte Fieber. Es war eine rein äußerliche Krankheit, und Claudia trug diese
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/167&oldid=- (Version vom 31.7.2018)