Als wir uns später unter dem schwerhölzernen, blutroten chinesischen Tor am Ausgang des Zoologischen Gartens trennten und der Abend schon über den Straßenschachten dunkelnd lag, die elektrischen Lampen in den Straßenfluchten aufleuchteten, ging ich einsam heim. Der Himmel wurde immer nachtdunkler, und als ich in den nachtschwarzen Äther sah, der noch sternlos über den Dächern der Häuser stand, erkannte ich in dem schwarzen Himmelsabgrund, den Eulenaugen und Claudias Augen eine Einheit. In der Nacht und in jenen Augen war kein Blick mehr, den man hätte fühlen können. Sie schienen alles innere Leben hergegeben zu haben. Und nur ein Wille war in ihrer Finsternis. Der: mit stummer Macht den Untergang der Lebenden, auf die sie herabsahen, zu erwarten.
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/172&oldid=- (Version vom 31.7.2018)