wie eine lange ungeheure Fahnenstange aus der Fensteröffnung. Seine Zunge schoß aus dem Rachen und züngelte lebhaft. Aber statt der Warzen hatte dieses neue Tier rote lockige Haarbüschel an seinem Giraffenhals, Haare, so rot wie Ulrikes Haar. Zugleich aber sah ich, daß die Zunge, die dieses Tier ausstreckte, keine lange Saugröhre war, sondern daß elektrische Flammen, elektrische Strahlenbündel, die viel schneller und viel gewaltiger waren als die Zunge des anderen Tieres, weit auf den See hinaussprühten und furchtbare Schläge ins Wasser austeilten. Und wo dieses Tieres Elektrizität hinschlug, schien der See bis in die Tiefe zu kochen.
Das Iguanodon draußen in der Seemitte hatte seine Zunge eingezogen, legte seinen Hals flach wie einen schwimmenden Baumstamm aufs Wasser, und es schien mir, als überlege es, ob es den Kampf mit der Nebenbuhlerin am Ufer aufnehmen, oder ob es wieder versinken sollte in sein jahrtausendealtes Wassergrab.
Plötzlich aber dröhnte die Erde. Der Baum, an dem meine Hängematte hing, zitterte und schüttelte sich, als wenn ihn ein Schauder durchführe. Zwischen den hohen vorweltlichen
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/342&oldid=- (Version vom 31.7.2018)