Dienerin erlaubte sich, zu lachen. Sie ließ uns sogar allein – es war ja das letztemal, mochte sie sich zur eigenen Beruhigung sagen.
Wie war es behaglich im Zimmer, während draußen der Regen an den Fenstern niedertroff! Wir frühstückten und plauderten miteinander, ganz wie alte Vertraute, und setzten uns schließlich vor den kleinen Kamin, der eine wohlige Wärme ausstrahlte. „Wie wärs mit einer Zigarette? frug er und hielt mir die gefüllte Dose hin.
„In diesen heiligen Hallen?“ antwortete ich, halb erschrocken.
„Bis die Gestrenge kommt, ist der Duft verflogen. – – Ich muß dir was erzählen, Alix, und das geht nicht ohne den Glimmstengel. Der macht Mut, weißt du!“ “ Wir rauchten eine Zeitlang schweigend.
„Du mußt mich nicht so ansehen,“ fing er schließlich wieder an, „sonst kommts mir gar zu komisch vor, daß ich dir Geständnisse mache, wie einem Kameraden.“ Ich rückte lächelnd den Stuhl zur Seite und sah geradaus ins Feuer. „Ists recht so?“
„Fein! – Wenn du nur nicht ein so verdammt hübsches Profil hättest! –“ Er schwieg aufs neue. Nach ein paar Minuten aber begann er: „Ich habe – Dummheiten gemacht in Berlin. Es hat der armen Mama, die so nicht auf Rosen gebettet ist, einen tüchtigen Happen Geld gekostet, die Sache in Ordnung zu bringen –.“ Ein bißchen erschrocken wandte ich den Kopf nach ihm – „es war nichts Gemeines, Alix – Kind, gewiß nicht. Du kannst ja nicht wissen, wies unsereinem geht. Wir sind nicht von Stein – die jungen
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/272&oldid=- (Version vom 31.7.2018)