Seite:De Merian Sueviae 243.jpg

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Tübingen gegen Abend reyset / hat man das Amerthal / so von dem Bach Amera, so dadurch laufft / vnd neben der Stattmauer in den Necker kommt / den namen. Vnd so man den weg nach NordOsten nimpt / so ist da das Bebenhäuser Thal / in welchem das berühmbte reiche Kloster Bebenhausen / ein halbe Meil von Tübingen gelegen. Gibt also es schöne Spatziergäng vmb diese Statt. In selbiger aber ist es nit zum säubersten / sonderlich in dem Vnterntheil / der Briel genandt / da die Weinhäcker / vnd Handwercksleut wohnen / vnd der gegen Mitternacht sich lencket. Vnd ist daselbst gegen dem Amerbach / S. Jacobs / oder die Spitalkirch. Die HauptKirch aber zu S. Georgio ligt hoch / hat 5. Thor / vnd ist ein Stifft / auß dem Syndelfingischen / durch Eberhardum Barbatum von Würtenberg / mit tauglichen Chorherren / vnd einem Probst allda angerichtet / der hergegen zu Sindelfingen weltliche Chorherren angestelt hat. Im Chor derselben ligen die Fürstl. Personen / von besagtem Eberhardo, dem ersten Hertzogen zu Würtenberg / an / biß auf Hertzog Ludwigen inclusivè. Es seyn auch sonsten vil stattliche Begräbnussen / vnd Grabschrifften in dieser Kirche (so bey etlichen Jahren hero von Römisch-Catholischen vnd Evangelischen / zugleich ist gebraucht worden) zu finden / vnd zu lesen. Neben dieser schönen Kirchen seyn der Vniversität Häuser / vnd vnderschiedtliche Collegia, auch die ansehenliche vnnd reiche Bibliotheca. Das Auditorium Theologicum wird Aula Nova genant. Die Consistorial oder Rathstuben in dem Vniversitäthauß / (so nach der erlittenen Brunst / schön wider erbawet worden) ist wol zu sehen / darinn die Professores guten Theils gemahlet seyn. Wo vorhin das AugustinerKloster gewesen / seyn jetzt die Fürstl. Stipendiaten. Es hat auch in derselben Gegend ein Communität / Contubernium, Burß / od gemeines Kosthauß / An. 1482. gebawet / darzu der Hertzog / vnd die Vniversität / ein gewisse Anzahl Getraids deß Jahrs geben. Das Franciscaner Kloster / so niderer / als die jetztgemeldte Gebäw / vnd doch höher / als der vntere Theil der Statt / dahin es sich ziehet / ist von hochgedachtem Hertzog Ludwigen / Anno 1589. zu einem Fürstl. Collegio angefangen / vnd der newe Baw genant worden; welchen sein Successor, Hertzog Friederich vollendet hat. Es haben sich vor disem / viel Fürstlich-Gräfflich-auch Herrn-Standts / vnd Adelspersonen / vnter einem Oberhoffmeister / darinn aufgehalten / ein absonderlich Corpus gemacht / vnd eygene Professores gehabt / mit welchen die Vniversität nichts zu schaffen hatte. Vnd konte man da allerhand Adeliche Exercitia, vnd frembde Sprachen erlernen. Es hat aber solches Fürstlich Collegium folgends Hertzog Ludwig Friderich / deß jetzt regierenden Herrn / Hertzog Eberhards / Herr Vetter vnd Vormund / vnd deß Lands Administrator, auß gewissen Vrsachen / wider abgeschafft. Es hat die besagte Vniversität / oder privilegirte hohe Schul allhie / vorhochermelter Eberhard mit dem Bart / An. 1477. auffgericht / deren erster Rector der berümbte Historicus Joh. Nauclerus, oder Vergenhanß gewesen. Man hält darfür / daß bey diser hohen Schul der Cantzler vber den Rectorem sey / weiln man von diesem an Jenen / gegen Erlegung 4. Golgülden / appellieren kan / welcher dann etliche / auch auß dem Hofgericht / zu sich nimbt: Item / weil in den Statuten stehet / daß kein Cantzler / wegen der Autorität seines Ampts / zu einem Rectore genommen werden soll. Vnd solche Dignität hat allwegen ein Doctor der H Schrifft / so den Obrigkeitlichen Gewalt auch vber die Innwohner / als Buchhändler / Buchbinder / etc. vnd vber die Vnterthanen / auff den Gütern / vnd in den Dörffern / so der hohen Schul vnterworffen / exerciret. Wie dann dieselbe die Ihrigen auch am Leben zu straffen Macht vnd Gewalt hat. Es seyn allhie etliche Stipendia; vnd darunter das Martinianum; Ficklerianum, vnd Hochmanianum. Benebens / so hat die Statt auch einen Ober- vnd Vntervogt / vnnd einen Hauptmann im Schloß: Auch Burgermeister / Raths- vnd Gerichtsverwandte. So wirdt auch alle Quartal das Oberhoffgericht allhie in dem Rathhauß (so von aussen zimlich fein gebawet ist) gehalten / in welchem etliche vom Adel / Doctores, vnnd die Abgeordnete auß den Stättlein / sitzen / an welches alle Appellationes auß dem gantzen Lande gehen.

In dem obgedachten Schloß / oder Pfaltz /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_243.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)