Anfangs sagenhaft – gerüchteweise – ohne Zusammenhang drang aus Asien die Nachricht in die Zentren westlicher Kultur, daß in Sikkhim – südlich vom Himalaja – von ganz ungebildeten, halbbarbarischen Büßern – sogenannten Gosains – eine geradezu fabelhafte Erfindung gemacht worden sei.
Die anglo-indischen Zeitungen meldeten zwar auch das Gerücht, schienen aber schlechter als die russischen informiert, und Kenner der Verhältnisse staunten hierüber nicht, da bekanntlich Sikkhim allem, was englisch ist, – mit Abscheu aus dem Wege geht. –
Das war wohl auch der Grund, weshalb die rätselhafte Erfindung auf dem Umwege Petersburg–Berlin nach Europa drang. –
Die gelehrten Kreise Berlins waren fast vom Veitstanz ergriffen, als ihnen die Phänomene vorgeführt wurden. –
Der große Saal, der sonst nur wissenschaftlichen Vorträgen diente, war dicht gefüllt. –
In der Mitte, auf einem Podium, standen die beiden indischen Experimentatoren, – der Gosain Deb Schumscher Dschung, das eingefallene Gesicht mit heiliger weißer Asche bestrichen, und der dunkelhäutige Brahmane
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/009&oldid=- (Version vom 31.7.2018)