„Der ‚Sulzfisch‘,“ murmelte Kurzweil ingrimmig.
Der schöne Rudi hat es gehört und tritt mit geschwellter Heldenbrust an ihn heran: „Mein Herr, ich bin Reserveleutnant im Artillerieregiment Nr. 23, verstehen Sie mich?“ Und er zwinkert mit entzündeten Lidern, und sein Gesicht ist klebrig und rußgeschwärzt, als ob er auf einem Stempelkissen geschlafen hätte. –
„Ruhe, meine Herren, Ruhe!“ Staudacher ist es, der eine Flasche in der Hand hält. –
„Erzählen, Staudacher, erzählen!“ – Alles umdrängt ihn.
Der kleine Steuermann hebt die Flasche in die Höhe: „Hier ist des Rätsels Lösung, – wissen Sie, was da drin ist? – Alsterwasser, Hamburger Alsterwasser! – – Und da drin soll unsereins rudern, wo wir an unser dünnes klares ‚Kaiserwasser‘ gewöhnt sind, – net wahr, Kurzweil? Wissen S’, daß dieses Alsterwasser bereits um ein Fünftel dicker ist als wie das unsrige!? – [ja, wirklich, m’r siecht’s] – Ich hab’s selbst mit dem Aräometer g’messen, und unsere Zeit ist trotzdem nur ein Sechstel schlechter! – Nur um ein Sechstel – meine Herren! – Hä? Habn S’ an Idee, wie wir hier g’wonnen hätten! – Da wären die Hamburger gar net mit’kommen.“
Alle waren voll Bewunderung: „Nein, wirklich alles was recht ist, unser Staudacher ist ein findiger Kopf, so einen sollen S’ uns zeigen, die, die … die deutschen Brüder aus dem ‚Reich‘ – –“
„Ja, ja! – ’s gibt nur a Kaiserstadt, ’s gibt nur a Wean!“
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/028&oldid=- (Version vom 31.7.2018)