Alles dreht sich in rasender Hast, und die Seerose fliegt durch den Raum in brausende Weiten, hinauf und hinab, – über Länder von smaragdenem Gischt. –
Wo sind die Krebse, wo Schande und Angst! Das brüllende Verderben stürmt durch die Welt. – Ein Bacchanal des Todes, ein jauchzender Tanz für die Seele.
Die Sinne erlöschen, wie trübes Licht.
Plötzlich ein furchtbarer Ruck. – Die Wirbel stehen, und schneller, schneller, immer schneller und schneller drehen sie sich zurück und schmettern auf den Grund, was sie ihm entrissen.
Mancher Panzer brach da.
Als die Seerose nach dem Sturze endlich aus tiefer Ohnmacht erwachte, fand sie sich auf weiche Algen gebettet.
Das gute Seepferd – es war heute gar nicht ins Amt gegangen – beugte sich über das Lager.
Kühles Morgenwasser umfächelte ihr Gesicht, sie blickte um sich. Schnattern von Entenmuscheln und das fröhliche Meckern einer Geisbrasse drang an ihr Ohr.
„Sie befinden sich in meinem Landhäuschen,“ beantwortete das Seepferd ihren fragenden Blick und sah ihr tief in die Augen. „Wollen Sie nicht weiter schlafen, gnädige Frau, es würde Ihnen gut tun?“
Die Seerose konnte aber beim besten Willen nicht. Ein unbeschreibliches Ekelgefühl zog ihr die Mundwinkel herunter.
„War das ein Unwetter heute nacht, mir dreht sich noch alles vor den Augen von dem Gewirbel,“ fuhr das Seepferd fort, – „darf ich Ihnen übrigens mit Speck – so einem recht fetten Stückchen Matrosenspeck aufwarten!!“
Beim bloßen Hören des Wortes Speck überkam die Seerose eine derartige Übelkeit, daß sie die Lippen zusammenpressen mußte. – Vergebens. Ein Würgen erfaßte sie (diskret sah das Seepferd zur Seite), und
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/093&oldid=- (Version vom 31.7.2018)