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Mittel gar nicht beim Einnehmen, sondern lediglich beim Ausspucken. Auch dann natürlich nur günstig.

Und was endlich die Heilung anbelangt! – Nun, da liegt ein deutlicher Fall von Autosuggestion vor. – In Wirklichkeit (Sie verstehen, was ich meine: „Das Ding an sich“ – nach Kant) ist die Dame genau so krank wie gestern, wenn sie es auch nicht merkt. Gerade bei Personen mit minderwertiger Denkkraft setzen Autosuggestionen so häufig ein. – Natürlich will ich damit nichts gesagt haben, – Sie wissen wohl, wie hoch ich die Damen schätze: „Ehret die Frauen, sie flechten und weben – – –“ – Und jetzt, mein junger Freund, genug von diesem Thema, es würde Sie nur unnötig aufregen. –

A propos, – Sie machen mir doch abends das Vergnügen? es ist Weihnacht und – meine Vermählung.“

„Wa –? – Vermä – – –,“ platzte das Seepferd heraus, faßte sich aber noch rechtzeitig: „O, es wird mir eine Ehre sein, Herr Medizinalrat.“

„Wen heiratet er denn,“ fragte er beim Hinausschwimmen den Barsch. – „Was Sie nicht sagen: die Miesmuschel?? – Warum nicht gar! – Schon wieder so eine Geldheirat.“


Als abends die Seerose, etwas spät, aber mit blühendem Teint an der Flosse des Seepferdes in den Saal schwamm, wollte der Jubel kein Ende nehmen. Jeder umarmte sie, selbst die Schleierschnecken und Herzmuscheln, die als Brautjungfern fungierten, legten ihre mädchenhafte Scheu ab.

Es war ein glänzendes Fest, wie es nur reiche Leute geben können; die Eltern der Miesmuschel waren eben Millionäre und hatten sogar ein Meerleuchten bestellt.

Vier lange Austernbänke waren gedeckt. – Eine volle Stunde wurde schon getafelt, und immer kamen noch neue Leckerbissen. Dazu kredenzte der Barsch

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/095&oldid=- (Version vom 31.7.2018)