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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.
Die enthüllte Bastille

das verrätherisch gegen die Stadt und die Nation handeln, wenn er einen Platz übergiebt, der sich noch lange hätte halten können, und vor dem viele Tausende geblieben wären, wenn er ihn gehörig vertheidigt hätte?

Man spricht allgemein, er habe die Brücke niedergelassen, und, nachdem eine gewisse Anzahl hinüber war, wieder Befehl gegeben, sie aufzuziehen, und auf die Menschen zu schießen. Allein dieß Gerücht widerlegt sich von selbst. Wer eine Zugbrücke kennt, wird wissen, daß es unmöglich sey, sie in die Höhe zu ziehen, wenn sie einmahl niedergelassen ist, und Menschen sich über sie hinwälzen. Hernach konnte auch die Besatzung nicht auf die Eingedrungenen schießen, weil sie den Augenblick, nachdem die Brücke niederfiel, schon entwaffnet war. Auch können diejenigen, welche die Besatzung im Hofe entwaffnet haben, es bezeugen, daß sie in diesem Augenblick nicht schußfertig, sondern mit dem Gewehr zu Fuß angetroffen worden. Selbst aus den Erzählungen derer, die jene Thatsache als wahr angeben, kann man ihre Falschheit abnehmen. Einige sagen, es sey am Morgen gewesen, als man auf die Deputirten der Stadt geschossen; andre, Nachmittag, nachdem die Capitulation in Vorschlag gebracht worden. Einige behaupten, der Vorfall sey auf dem Schloßplatz, andre, er sey in der Bastille selbst geschehen. Diese Verschiedenheit in den Angaben beweist hinlänglich die Unstatthaftigkeit jenes Vorgebens.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)