An einem kleinen Tisch im Erker saß ein großer blonder Mann in bäuerlicher Tracht. Seine kleinen blauen Augen musterten mit scharfem Blicke die Gäste. Einer der Eintretenden schien seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er trug einen Jagdanzug und auf der Schulter die Büchse, die er an der Wand aufhing und sich nun dem Bauersmann gegenüber setzte mit leichtem Gruß. Beiden wurde das Mittagessen vorgesetzt. Der Jäger nahm das Messer, welches neben seinem Teller lag, auf und legte es so, daß es mit der Spitze gegen seine Brust zielte, und sah dabei seinen Nachbar an. Dieser legte in demselben Augenblick sein Messer in derselben Weise. Zwischen beiden entspann sich eine Unterhaltung. „Nach eurer Kleidung zu schließen,“ sprach der Jäger, „seid ihr nicht aus dieser Gegend.“ „So ist's,“ antwortete der andre; „ich komme vom Niederrhein und habe ein Geschäft hier in Nürnberg.“
Beide verzehrten schweigend ihr Mahl und leerten ihre Krüge. Der Jäger stand auf und trat zu seinem Gewehr. Der andre folgte ihm, trat neben ihn, legte seine rechte Hand auf des andern linke Schulter und sagte leise: „Ich grüß euch, lieber Mann, was fangt ihr hier an?“ Sofort legte der Jäger gleichfalls die
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/051&oldid=- (Version vom 31.7.2018)