„Herrgott, auch ein Vergnügen, bei dem Wetter zu fahren!“ seufzte die Küsterin.
„Das ist der Dienst. Da heißt’s: ob du willst oder nicht, fahr’ los!“
Der Ton schwebte in der Luft. Dann erstarb er.
„Vorbei!“ sagte Ssawelij und legte sich nieder.
Aber noch hatte er den Kopf nicht unter die Decke gesteckt, da drang der Ton der Glocke deutlich an sein Ohr. Der Küster blickte erregt auf seine Frau, sprang aus dem Bett und ging mit wiegenden Schritten am Ofen vorbei. Die Glocke tönte einen Augenblick, dann erstarb der Ton wieder, wie abgerissen.
„Nichts zu hören…“ brummte der Küster, blieb stehen und blinzelte zu seiner Frau hinüber.
Aber gerade da klopfte der Wind ans Fenster und trug den dünnen, metallischen Klageton… Ssawelij wurde bleich, räusperte sich und schlorrte wieder mit den bloßen Füßen über den Boden.
„Die Post hat sich verirrt!“ knirschte er, boshaft auf seine Frau schielend, „hörst du’s? Die Post hat sich verirrt! … Ich … weiß schon! Glaubst du, ich … ich begreif’ es nicht?“ knurrte er, „ich weiß alles, hol’ dich die Pest!“
„Was weißt du?“ fragte leise die Küsterin, ohne den Blick vom Fenster zu wenden.
„Das weiß ich, daß das alles dein Werk ist, du Teufelsmensch! Dein Werk, hol’ dich die Pest! Dies Unwetter, und daß die Post sich verirrt hat, das hast du angerührt! Du!“
„Du bist ja übergeschnappt, Dummkopf…“ bemerkte die Küsterin ruhig.
„Ich merke das schon lange an dir! Als wir geheiratet hatten,
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/082&oldid=- (Version vom 31.7.2018)