Als die Mangobäume blühten, wandelte die fremde nordische Königin durch die alten Gärten. Schwarzäugige Dienerinnen folgten ihr langsamen Schrittes auf den schattigen Wegen. Schleppend und weich waren die Bewegungen dieser Töchter der Tropen.
An den grünen, trägen Wassern, die in Marmorbecken schlummern, schritt die Königin vorüber. Vorüber an den Reihen grauer, verwitterter Vasen, in denen, an hohen Stengeln, Tigerlilien die weißen, schwarzgefleckten Kelche öffnen. Wildes tropisches Gerank schlang sich um moosbewachsene Postamente, zog sich liebkosend empor an den steinernen Gliedern alter Göttergebilde, hielt eilende Nymphengestalt mit grünen Fesseln gefangen, warf keck um die Stirn des Fauns einen Kranz tiefvioletter Glocken. - Des späten Nachmittags Glut lag über den Garten gebreitet. Unter dem dichten Gezweig der Mangobäume brütete die Hitze, reifend des Kaffees Zwillingskörner in den kleinen, rötlichen Kapseln. Nicht der leiseste Hauch bewegte die duftbeladenen Lüfte, regungslos hingen die blanken Blätter. Stille überall. Nur die allerkleinsten der buntgefiederten Kolibris
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/081&oldid=- (Version vom 31.7.2018)