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Nachbarschaft, und nach Jena oder Leipzig konnte man in einstündiger Fahrt gelangen. Und weil sie diese Orte von klein auf kannten, waren die Napoleonischen Kriege für Großmamas Enkel wie Selbsterlebtes. Ihr Schloß selbst hatte in jenen Jahren viele Einquartierungen gesehen; an den Türen einiger Zimmer standen noch die Namen verbündeter österreichischer Offiziere, die damals darin gewohnt, und diese Aufschriften wurden sorgfältig bewahrt.

Ja, damals war ihr Deutschland zum letztenmal der Kampfplatz der Völker gewesen. Kriege hatte es seitdem freilich noch gegeben, aber sie waren von den Deutschen in Feindesland getragen worden. Und unter diesen neueren Kriegen gab es einen, der ging die drei Knaben ganz besonders nahe an. Das war der Krieg 70, denn in dem war der Großpapa gefallen und auch der älteste Sohn von Großmama, der als achtzehnjähriger Freiwilliger hinausgezogen und nicht heimgekehrt war. Ihr eigener Vater, Großmamas zweiter Sohn, war damals noch auf der Schule gewesen, zu jung, um mit ins Feld zu können. „Gottlob,“ sagte Großmama leise, als sie ihnen davon erzählte, so leise, daß man dies Dankeswort kaum hörte, denn sie war nicht ganz sicher, ob sie das vor den Enkeln eigentlich sagen durfte. Den Enkeln, die doch so erzogen werden sollten, daß das Fehlen kräftig führender Männerhände nie an ihnen gemerkt würde. Aber dem ererbt heldischen Sinn der Knaben schadete solch leises Wort nichts. Wenn sie auf den Steintafeln an den Wänden der Kirche die Namen der toten Vorfahren lasen, so erfüllten

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)