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Entsetzen erfaßt haben, als sie solches geschehen sahen! Wie war das Ungeheuerliche nur zu ertragen?

Als kein Zweifel mehr möglich, kamen zaghaft einig ihrer feldgrauen Pflegebefohlenen zu Großmama, wollten warmen Herzens und voll natürlichen Zartgefühl ihre Teilnahme bezeigen. „So jung! So jung!“ konnt der eine bärtige Landsturmmann nur immer wiederholen. Aber ein anderer sagte: „Der liebe Gott fragt eben bei keinem von uns, wie lange er gelebt hat, der fragt immer nur wie.“ – „Vielleicht scheint solch ein armes junges Leben auch nur uns unfertig, und vor ihm ist’s doch was Vollendetes,“ meinte sein Kamerad. Und ein vierter sagte: „Ich denk immer, er braucht halt droben auch Soldaten.“

Ganz schlicht sprachen sie auf ihre Weise ähnliche Gedanken aus wie die, woran Großmama selbst sich in diesen Tagen immer wieder anzuklammern getrachtet hatte, wenn das Gesetz des Sterbens, dessen Erfüllung ihr für sich selbst leicht, weil natürlich erschienen wäre, sie als ein unlösbares Rätsel anstarrte, da dieser Jugendliche ihm verfiel. Das Mitleid mit diesem grausam Dahingerafften wurde oft so groß, daß es zum würgenden Ersticken anschwoll, und gar zu sinnlos schien es, daß von den dreien, die sie zu langem segensreichen Leben vorzubereiten getrachtet, nun schon zwei vernichtet waren, ehe die Keime, die sie ihnen einzupflanzen gesucht, so recht Früchte getragen hatten – denn was Jene Großes in ihrem kurzen Dasein auch geleistet, wollte ihr doch nur ein Hinweis scheinen auf Größeres, zu dem sie befähigt gewesen und das sie

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/68&oldid=- (Version vom 31.7.2018)