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nun nimmer vollbringen würden. Aber dann hatte sie sich immer wieder vorzuhalten gesucht, daß solch Schicksal, das Blüten hinwegrafft, die grausam unverständliche Härte blinden Zufalls eigentlich nur für den behält, der noch nicht vermag, es in größern Zusammenhängen zu denken. Aber die Kräfte und Eigenschaften, die jeder in diesem Leben erworben, wurden eben nicht nur für dieses kleine Erdenleben gesammelt, sondern um hernach, wo sie im Weltall gerade nötig sein mochten, eingesetzt zu werden. Das Tor aber zu dieser Neuverwendung, durch das der eine früh, der andere spät erst schreiten mußte, hieß Tod. Und es mochte wahr sein, was der Feldgraue sagte: Vielleicht würden droben Soldaten gebraucht.

So litt Großmama um diesen zweiten Enkel, was sie vor wenigen Monden um seinen Bruder, vor vierundvierzig Jahren aber schon um den eigenen ältesten Sohn gelitten hatte, und in dem frischen Leid erwachte jedes frühere aufs neue. Sie entsann sich, wie auch die Eltern der drei Knaben jäh gestorben waren, und wie ihr eigenes Leben fortan nur ihnen noch gegolten hatte. Witwenschaft und Kinderverlust hatte sie mutig ertragen, um den Enkeln zu ersetzen, was sie verloren. Ihr eigenes Leben mit diesem einen Ziele mußte nun aber auch als zwecklos gelten, wenn sie sich nicht zur Überzeugung durchzuringen vermochte, daß die Samenkörner, die sie in der Enkel Herzen gelegt, doch noch in anderen Welten eine Ernte tragen würden.

Mitten in diese tiefe Trauer, in das Tasten nach einem Halt, woran sich wieder aufzurichten, um des

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)