durch die Liebe ist er invulnerable - unverwundbar, wie es sehr matt auf deutsch heißt! Aber für die Frau gestaltet sich das Alles anders. Sie wird auch betrogen - und kann ihre Nebenbuhlerin nicht über den Haufen schießen, fürchtet nebenbei den Scandal. Sie liebt auch ohne Erwiderung -ja, es ist für sie unendlich viel schwieriger als für uns Ersatz zu finden. Sie widersteht auch nicht der Verlockung - halloh! welch ein Zetergeschrei! welch ein höhnendes Achselzucken! welche eine unermeßliche Splitterrichterei! sie ist ruinirt vor der Welt und - da sich der Mensch in den Augen des Nebenmenschen spiegelt - vor sich selbst. - Tugend, Tugend und abermals Tugend in einem kühlen kahlen Krystallherzen: das ist unser Ideal einer Gattin; aber alle lockenden Reize, üppige Schönheit, Glut der Phantasie, auflodernde Sinnlichkeit, Stürme der Leidenschaft, bezaubernde Koketterie - lauter Dinge die unverträglich sind mit schneeblütiger Organisation, die begehren wir vom Weibe um es zu lieben, um es anzubeten. Fehlen diese Rosengluten, diese Purpurflammen - ach, wie langweilig, wie matt, wie fade, finden wir eine solche Frau! Meine arme Cornelie! grade so ging es mir mit ihr! Erst als sie eifersüchtig wurde erwachte sie zur beseelten und beseligenden Leidenschaft. Geliebt wollen wir nun
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/111&oldid=- (Version vom 31.7.2018)